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Was Mandanten bewegt: Wann verliert ein Arzt seinen Freiberuflerstatus?

zurück | Artikel vom: 04.08.2007


In Zeiten magerer Honorare müssen auch Ärzte überlegen, wie sie ihr Einkommen dauerhaft sichern. Unternehmerisch gesehen kommt da für viele ein zweites Standbein gerade recht. Doch Vorsicht: Der "Diät-Shop" kann in der Praxis nicht nur dazu führen, dass sämtliche Einkünfte gewerblich werden, sondern kann auch aus berufsrechtlichen Gründen schon mal 10.000 Euro Strafe kosten. Da es insbesondere bei der berufsrechtlichen Einschätzung immer auf den Einzelfall ankommt, ist der Beratungsbedarf enorm.

Die Vorstellung klingt vielversprechend: Neben der ärztlichen Beratung in Ernährungsfragen kann man in der Praxis auch gleich entsprechende Diätprodukte erwerben. Rechtlich muss der Arzt bei einem Verkauf im größeren Stil allerdings aufpassen - und auf jeden Fall ein eigenes Unternehmen gründen. Ansonsten läuft er Gefahr, dass all seine Einkünfte durch die Verkaufstätigkeit gewerblich "infiziert werden", wie es das Steuerrecht ausdrückt. Neben der steuerrechtlichen Seite drohen berufsrechtliche Konsequenzen.


Gewerblichkeit als steuerrechtliche Frage


Der Verkauf von Nahrungsergänzung, Blutzucker-Messstreifen, Kontaktlinsen oder sonstigen Gesundheitsprodukten gilt gemeinhin als Gewerbe. Die Einkünfte daraus unterliegen jenseits des Freibetrags der Gewerbesteuer. Das wäre grundsätzlich noch kein Problem, da der Freibetrag von 24.500 Euro nach Abzug aller Kosten wahrscheinlich selten überschritten werden dürfte.

Kritisch wird die ganze Sache dadurch, dass ein Vermischen der freiberuflichen ärztlichen und der gewerblichen Tätigkeiten dazu führen kann, dass insgesamt alle erbrachten Tätigkeiten als gewerblich eingestuft werden - und das kann hohe Nachzahlungen an Gewerbesteuer mit sich bringen. Gemeinschaftspraxen haben übrigens eine besonders hohe Gefahr der "Ansteckung", da die Finanzämter wegen möglicher höheren Gewerbesteuereinnahmen bei ihnen genauer hinschauen als bei Einzelpraxen.


So vermeiden Ärzte die "Infektion"


Vermeiden können Ärzte eine "Ansteckung", indem sie für jeden Tätigkeitsbereich jeweils ein getrenntes Kassen- und Rechnungsausgangsbuch führen. Außerdem müssen sie ein gesondertes Bankkonto für die gewerblichen Zahlungen und Betriebsausgaben einrichten. Hinzu kommt, dass sie nach außen keinesfalls als "einheitliche Praxis" auftreten dürfen. Dies ist ihnen auch aus berufsrechtlichen Gründen untersagt.

Natürlich spielt auch die Höhe der gewerblichen Einkünfte eine Rolle. Unterhalb einer Bagatellgrenze von 1,25 Prozent des Gesamtumsatzes kommt es zu keiner "Infektion" der freiberuflichen Einkünfte. (BFH, Urteil von 11. August 1999). Es empfiehlt sich daher unbedingt, möglichst einmal jährlich den Anteil der gewerblichen Einkünfte zu überprüfen - am besten gemeinsam mit dem steuerlichen Berater.

Übersteigen die Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit die Bagatellgrenze, sollte der betroffene Arzt darüber nachdenken, eine neue Gesellschaft in Form einer GbR oder einer GmbH zu gründen. Deren ausschließlicher Geschäftszweck ist dann der Verkauf von Gesundheitsprodukten. Eine weitere Möglichkeit ist es, die gewerbliche Tätigkeit auszugliedern und einer nahestehenden, dritten Person, beispielsweise dem Ehepartner, zu übertragen. Die ideale Lösung hängt immer vom Einzelfall ab - mögliche Optionen kann nur der Steuerberater aufzeigen und abwägen.


Berufsrechtliche Einordnung


Wer sich als Arzt dafür entscheidet, neben seiner freiberuflichen Tätigkeit ein - steuerrechtlich sauber abgetrenntes - Gewerbe zu betreiben, muss aber noch die berufsrechtliche Seite beachten. "Berufsrecht und Steuerrecht agieren völlig unabhängig voneinander", weiß Rechtsanwalt Horst Meurers aus Mainz, der sich auf die Beratung von Ärzten spezialisiert hat.

Im vergangenen Jahr verurteilte das Verwaltungsgericht Köln (Az.: 32 K 4638/99.T) einen Arzt zu einem Bußgeld von 10.000 Euro, weil er in seiner Praxis ein Ernährungsinstitut mitbetrieben hatte. Das Urteil ist derzeit noch nicht rechtskräftig, da am Oberverwaltungsgericht Münster die Berufung anhängig ist; mit einer Entscheidung rechnen Experten nicht vor dem Herbst dieses Jahres.

Die grundsätzliche, berufsrechtliche Differenzierung macht sich nicht daran fest, welches Produkt in welchem Umfang vertrieben wird, sondern ob der Verkauf Therapiebestandteil ist oder nicht. Ein Beispiel dafür sind Vitamine. "Während ein bestimmtes Präparat für einen alterfehlsichtigen Patienten medizinisch indiziert ist, hat es bei einem Freizeitsportler eben nur eine ‚Wohlfühlwirkung'", erläutert Rechtsanwalt Meurers. Und für diese "wohlfühlwirksamen" Produkte sei berufsrechtlich besondere Vorsicht geboten und ein geeignetes Geschäftsmodell zu wählen.