DO, 28.03.2024

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Praxisgründung - Behandlungsschwerpunkte richtig setzen

zurück | Artikel vom: 03.08.2007

VON: SONJA RIEHM, CHRISTINA SEIMETZ

Erschienen in: ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 12/2006

 

So ziemlich jeder junge Zahnmediziner kommt irgendwann auf den Gedanken, seinen Beruf als niedergelassener Arzt auszuüben – in seiner eigenen Praxis. Diese Überlegung führt automatisch zu wichtigen weiteren Fragen: Ob diese Praxis durch Neugründung oder Übernahme erworben werden soll, wie der Außenauftritt zu gestalten ist, und nicht zuletzt, wo der Behandlungsschwerpunkt liegen soll

 

Gerade im Hinblick auf den Behandlungsschwerpunkt sollten aktuelle Tendenzen bedacht werden. Dabei ist wichtig zu beachten: Es geht nicht darum, kurzfristigen Trends zu folgen, sondern auf nachhaltige Zukunftsentwicklungen zu setzen. Beispielsweise ist Parodontitis heutzutage eine „Volkskrankheit“, fast jeder ist im Laufe seines Lebens irgendwann mehr oder weniger stark betroffen. Nach statistischen Erhebungen gehen bei den über 40-Jährigen mehr Zähne durch Parodontitis verloren als durch Karies.

 

Praxisneugründung/Übernahme

Bei einer Neugründung mietet oder kauft der Zahnarzt Praxisräume an, stellt Personal ein und kauft oder least die Praxiseinrichtung usw. Folge hiervon ist, dass zunächst die Finanzierungsfragen geklärt werden sollten. Neugründungen beinhalten gegenüber einer Praxisübernahme größere Unsicherheiten. Bei Übernahme einer Praxis lassen sich durch Praxisanalysen verlässlichere Erkenntnisse zur Beurteilung der Chancen erlangen. Anstelle einer Neugründung einer Praxis kann eine Übernahme einer Praxis vom aufgebenden Kollegen in Betracht kommen. Der übernehmende Zahnarzt kann aufgrund der Unterlagen des Vorgängers sehr schnell und sicher die Höhe von Umsatz und Gewinn sowie die Kostenstruktur der Praxis feststellen. Berücksichtigt werden muss, dass sich der Praxisinhaber den Patientenstamm – den ideellen Praxiswert – und die Übernahme des Inventars bezahlen lässt. Aufgrund von Beispielrechnungen lässt sich nachweisen, dass sich die Praxisübernahme günstiger als die Praxisgründung darstellt. Der übernehmende Zahnarzt hat die Chance, den vorhandenen Patientenstamm durch sein fachliches Können und seine Zuwendungsbereitschaft an sich zu binden. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass diesen Vorteilen und dem erheblich geringeren Risiko gewisse Nachteile gegenüberstehen. Der Praxisübernehmer muss letztlich das Inventar und die Mitarbeiter sowie laufende Verträge wie z.B. Miet- oder Leasingverträge übernehmen.

 


Gründung durch Kooperation


Eine Praxisgründung kann auch durch Kooperation erfolgen. Als Kooperationsform kommt meist entweder die Gemeinschaftspraxis oder die Praxisgemeinschaft in Betracht. Es ist zurzeit noch strittig, ob auch eine Teilnahme an einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) möglich ist. Seitens der Zahnärztekammern wird diese Möglichkeit des Zusammenschlusses von Humanmedizinern und Zahnärzten verneint, ein Zusammenschluss von „Fach-Zahnärzten“ (KFO und Oralchirurg) soll nach Ansicht vieler Rechtsexperten jedoch möglich sein. Hier sind jedoch noch viele
Einzelfragen zu klären.

Es schlummern in den verschiedenen Formen zahnärztlicher Zusammenarbeit oftmals Risiken mit fatalen Auswirkungen für den betroffenen Zahnarzt bei deren Realisierung. Es müssen im Zivil-, Vertragsarzt- und Steuerrecht die verschiedensten Abgrenzungsfragen geklärt werden. Im Gegensatz zur Gemeinschaftspraxis üben in einer Praxisgemeinschaft die beteiligten Ärzte nicht gemeinsam die zahnärztliche Praxis aus. Vielmehr wollen sie aus wirtschaftlichen Gründen zur Kostenersparnis für ihre getrennten Praxen eine gemeinsame Organisation. Nach Außen hin treten die Zahnärzte nicht einheitlich auf. Jeder der Beteiligten wird für seine Patienten tätig und rechnet die erbrachten Leistungen eigenständig ab.

„Es schlummern in den verschiedenen Formen zahnärztlicher Zusammenarbeit oftmals Risiken mit fatalen Auswirkungen für den betroffenen Zahnarzt bei deren Realisierung.“

Bei der Gemeinschaftspraxis, die meist in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes betrieben wird, muss auf die Form der tatsächlichen Zusammenarbeit geachtet werden. Die partnerschaftlich zusammenarbeitenden Zahnärzte müssen bei ihrer gemeinsam zu erbringenden Leistung jeweils zur Übernahme des Unternehmerrisikos bereit sein. Die Beteiligung am Gewinn bzw. Verlust sowie die Teilhabe am Eigentum des Praxiswertes bzw. der Einrichtung müssen geregelt sein. Die Gemeinschaftspraxis bedarf der Zulassung durch den örtlichen Zulassungsausschuss. Die gemeinschaftliche Tätigkeit wird steuerlich vom Finanzamt mit einer ebenfalls gemeinschaftlichen Gewinnermittlung und der anteiligen Zuordnung des Gewinnanteils bei den jeweiligen Gesellschaftern nachvollzogen. Durch die Entwicklungen des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung sind die gesetzlichen Weichen für die interdisziplinären Zusammenschlüsse im Gesundheitswesen gestellt. Die Stärken der in einer der Kooperationsformen stattfindenden gemeinsamen Berufsausübung liegen aber auch ganz erheblich in der Herausarbeitung von Behandlungsschwerpunkten. Hier bestehen weite Möglichkeiten für den einzelnen Zahnarzt, seine persönlichen Stärken seines heilberuflichen ist bereits die Möglichkeit der zahnärztlichen Tätigkeit an mehreren Standorten gegeben. Möglich war hier jedoch nur die Auslagerung von Praxisräumen für besondere Behandlungszwecke. Das Stattfinden von Sprechstunden und die Erstuntersuchung des Patienten mussten jedoch in der „Hauptpraxis“ erfolgen. Nach dem neuen § 24 der Zulassungsverordnung für Zahnärzte sind vertragszahnärztliche Leistungen außerhalb des Vertragszahnarztsitzes an – grundsätzlich beliebig vielen – weiteren Orten zulässig, wenn und soweit dies die Versorgung der Versicherten an einem weiteren Ort verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt. Auch die Tätigkeit an weiteren Orten außerhalb des Bezirkes einer KZV ist zulässig, sofern die vorgenannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Versorgung der Versicherten an den weiteren Standorten kann auch durch angestellte Zahnärzte sichergestellt werden. Die KZBV hat jedoch gegenüber der geplanten Gesetzesänderung noch einige VorbehalteKönnens und der therapeutischen Fähigkeiten durch Erweiterung des Leistungsangebotes zu fördern, ein weiterer Vorteil sind die erheblichen Chancen durch eine Effizienzsteigerung. Die Praxisressourcen werden sinnvoller genutzt und das Personal ist flexibler einsetzbar. Eine Ausdehnung im privatzahnärztlichen Bereich ist besser zu realisieren

 

Vertragszahnarztrecht

Mit Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechtes und anderer Gesetze am 27. Oktober 2006 durch den Bundestag sind dieWeichen für das Inkrafttreten zum 1. Januar 2007 gestellt. Abzuwarten ist noch die Zustimmung des Bundesrates, mit welcher jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist. Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) wird das Berufs- und Vertragszahnarztrecht wieder weitestgehend synchronisiert. Nach dem in den meisten Kammerbezirken in Kraft getretenen neuen Berufsrecht (MBO).

Selbst wenn das Gesetz zum 1. Januar 2007 in Kraft tritt, wird es sicherlich noch einige Zeit dauern, bis alle notwendigen Anpassungen vorgenommen sind. Es kann also erstmals wirtschaftlich sinnvoll mit angestellten Zahnärzten, für die eine eigene Zulassung und ein Budget zur Verfügung stehen, gearbeitet werden. Nicht zuletzt bietet die Möglichkeit der Anstellung eines Kollegen die Möglichkeit, ohne unternehmerisches Risiko ambulant und zu wirtschaftlich sinnvollen Rahmenbedingungen zu arbeiten. Wenn sich der Inhaber verstärkt auf IGeL und andere privat zu zahlende Leistungen konzentrieren kann, oder der Zahnarzt verstärkt hochwertige Prothetik anbietet, während der Angestellte einen wesentlichen Teil der laufenden Praxis erledigt, kann die Honorarsumme nicht unerheblich gesteigert werden. Künftig ist auch die gemeinschaftliche zahnärztliche Tätigkeit zwischen allen zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern möglich. Damit sind nicht nur Zusammenschlüsse zwischen Zahnärzten, sondern beispielsweise zwischen Zahnärzten und (zahnärztlichen) Medizinischen Versorgungszentren möglich. Der Zahnarzt kann aus seiner Einzelzahnarztpraxis eine Tagesklinik (Kompetenz-Zentrum) machen, wenn er sich in mehrere Berufsausübungs-Gemeinschaften begibt und diese in seiner Praxis tätig werden. Das Dienstleistungsspektrum, für das nach außen hin geworben werden kann, vergrößert sich drastisch, ohne dass der Zahnarzt viel in Fortbildungen investieren oder an den Räumlichkeiten viel verändern müsste. Gleichzeitig vergrößert sich der Patientenpool für seine spezialisierte Dienstleistung, weil Geschäftsgrundlage der Teilgemeinschaftspraxen jeweils ist, dass die Patienten des anderen Partners auch auf die Angebote des einen Partners angesprochen werden.

 


Erfolgreiche Praxisführung


Es gibt verschiedene Faktoren, die eine erfolgreiche Praxisführung unterstützen. Im Vordergrund steht die Patientenzufriedenheit: Die Umsetzung dieses Gedanken führt zur sogenannten „Service-Praxis“. Schließlich reicht es heute keinesfalls mehr aus, „nur“ eine hochwertige Arbeit zu leisten. „Der Kunde ist König“ darf nicht nur ein Spruch sein, sondern die Patientenorientierung ist ein unabdingbarer Erfolgsfaktor. Eine echte „Wohlfühl-Praxis“ ist die Voraussetzung dafür, dass Patienten immer wieder kommen. Darüber hinaus sollte die Praxis versuchen, in positiver Weise Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das Motto „Tue Gutes und rede darüber“ sorgt dafür, den Bekanntheitsgrad zu steigern, sich positiv von Wettbewerbern zu unterscheiden, und dadurch neue Patienten zu gewinnen. Hierunter fallen u. a. die Außendarstellung der Praxis, die Praxis-Homepage sowie auch ein zielgruppenorientiertes Behandlungsspektrum. Anzeigen, Praxisflyer, das Bewerben der Homepage sollten heute selbstverständlich sein. Die Spezialisierung der Praxis sollte keinesfalls unterschätzt werden. Denn ein Zahnarzt, der sich auf ein bestimmtes Kompetenzfeld spezialisiert, steigert seine Erfolgschancen überdurchschnittlich. Eine Spezialisierung macht die eigene Praxis zum (überregionalen) Anziehungspunkt und bewirkt ein echtes Alleinstellungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern.

Fazit

Diese Erläuterung der Gründungs-oder Übernahmesituation kann nur einen groben Überblick bieten. Sie sollten sich jedoch darüber bewusst sein, dass an dieser Stelle nur vergleichsweise wenige Einzelheiten angesprochen werden konnten, die es zu bedenken gilt. Ein Gespräch mit dem Steuerberater bietet sich daher nicht nur an, ist „nicht nur lohnend“, sondern zwingend erforderlich, um nicht bereits schon bei den ersten Schritten in teuere Stolperfallen zu tappen. Wir stehen Ihnen als Berater Ihres Vertrauens zur Verfügung, damit Sie Ihre Neugründung oder Übernahme mit kompetentem Rat und größter Planungssicherheit angehen können